Aufwachsen in Angola

Ich kam in Angola zur Welt, in der Hauptstadt Luanda, genauer gesagt. Hier aufzuwachsen war nicht immer einfach, ich musste mich vielen Herausforderungen stellen, die es in entwickelteren Ländern nicht gibt. Trotzdem habe ich auch viel Schönes erlebt.

In meiner Teenie-Zeit war eines meiner grösseren Probleme Dinge ohne sozialen Einfluss, und damit meine ich Vetternwirtschaft, zu erledigen. Korruption ist hier immer noch ein grosses Problem und die staatliche Institution tut fast nichts, ohne eine kleine «Gegenleistung». So war es in meiner Schule zum Beispiel nicht ungewöhnlich, den Lehrer zu bezahlen, um das Jahr zu bestehen. Das machen natürlich nicht alle so. Vor allem Studenten, die unter dem Semester nicht genügend lernen, greifen auf diese Methode zurück. Das ist einer der Gründe, wieso wir hier ziemlich viele Bachelor-Abgänger haben, die gar nicht kompetent sind. Ich nehme an, dass das auch in anderen Ländern passiert. Hier führt es aber dazu, dass sich der Korruptions- Kreis nicht brechen lässt.

Neben Bestechung ist Jugendkriminalität ein weiteres Problem, das wir hier haben. Ich bin zwar keiner der Diebe, Banditen oder so was, aber ich wurde ein oft zu deren Opfer. Das erste Mal war 2005, als ich die 5. Klasse besuchte. Ich ging auf eine Schule, die bekannt für ihre «Gangster» war. Sie hiess Mutu-Ya-Kevela, benannt nach einem Nationalhelden. In meiner ersten Woche kam ein hellhäutiger Junge auf mich zu, schaute mich an und meinte, ich sähe aus, als ob ich viel Geld hätte, weil ich dunkelhäutig sei (komisch, normalerweise ist es doch anders rum). Ich habe keine Ahnung, wieso er das gesagt hatte. Als ich ihm kein Geld geben wollte, meinte er, dass ich nicht nach Hause zurück kehren würde, bevor ich ihm mein Geld gäbe, und da begann ich zu weinen. Ein Jahr später bekam ich dann meine Rache. Unterdessen hängte ich mit den «bösen Jungs» ab, ich war der ruhige Typ in der Gruppe. Ich erzählte ihnen, was geschehen war und sie brachten den Jungen dazu, sich bei mir zu entschuldigen.

Ein Jahr später gingen zwei meiner Freunde und ich jeweils morgens zur Schule – in Angola besucht man die Schule immer halbtags. Als wir am Mittag aus dem Unterricht kamen, waren wir für gewöhnlich vielleicht nicht gerade hungrig, aber hatten halt Lust auf Junk Food. Wir hatten zwar nicht genug Geld, dafür eine einfache Lösung: Betteln. Wir gaben also vor, Geschwister zu sein und nicht genügend Geld für den Bus nach Hause zu haben. Einige Leute glaubten unsere Lüge und gaben uns 50 Kwanza, was dazumal 50 Cent waren. Sobald wir genug Kohle zusammen hatten, suchten wir die «Zunguerias». Frauen, die in den Strassen Luandas dies und das verkaufen. Wir kauften uns ein Sandwich, das nicht grösser als ein Subway footlong ist, also dreissig Zentimeter und teilten es zwischen uns Dreien auf. Es war köstlich, wenn auch vermutlich nicht gerade gesund.

Nach dem Essen gingen wir satt und glücklich nach Hause, nur wenige Minuten Fussweg von der Schule entfernt. Bis heute wissen meine Eltern nichts von dieser Geschichte. Falls sie es rauskriegten, würden sie mich vermutlich, wie Eltern auf der ganzen Welt, ausschimpfen. Denn, ganz egal wie alt du bist oder wo du lebst, sie werden dich immer als Kinder behandeln.

Anonym ist 24 Jahre alt und lebt momentan in Sheffield, wo er Control System Engineering studiert.

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