Als Donald Trump bekannt gab, dass er ins Weisse Haus wolle, glaubten viele von uns an einen schlechten Scherz. Ich nicht. Ich glaubte, er sei einfach eins dieser Memes auf meiner Timeline, das schnell wieder in Vergessenheit gerät; so wie «Grumpy Cat» und «Ridiculous Photogenic Guy» und wie sie alle heissen. Als der Typ sich aber hartnäckig in meinem Leben hielt; auf Social Media, in Gruppenchats, irgendwann sah ich ihn schon in der Maserung meiner Türmatte, musste auch ich einsehen: Trump ist allen ernstes der Präsidentschaftskandidat der Republikaner.
Mit seinem Slogan «Make America Great Again», spaltete er die amerikanische Bevölkerung. Trumps Rechtspopulismus bringt aber auch andere Kontinente dazu, ihre Werte und Identitäten zu hinterfragen.
In Europa finden sich gleichermassen Kritiker und Sympathisanten seiner Politik. Bis jetzt hat sich jedoch noch kein europäischer Politiker so weit und so offensiv rechts positioniert, wie Trump es tut. Eigentlich haben wir für das 21. Jahrhundert etwas ganz anderes geplant; den grossen «Clash of Cultures». Der Zusammenstoss zwischen den «sieben oder acht großen Weltkulturen – den westlichen, konfuzianischen, japanischen, islamischen, hinduistischen, slawischorthodoxen, lateinamerikanischen und afrikanischen Zivilisationen».
Ich habe mich mal ziemlich aufgeregt, als mir ein jüdischer Kunde, in dem Bistro, in dem ich arbeitete, das Geld auf den Tresen knallte, austrank und dann die Flasche auf den Boden fallen liess, weil er den Abfall nicht gleich fand. Der war, glaub ich, ein orthodoxer. Ich schnaubte mir die Fransen aus dem Gesicht, und suchte hungrig nach weiteren Übeltätern. Das kann doch nicht alles sein. Da muss es doch noch andere Menschen geben, über die ich mich aufregen kann! Ach, es ist nicht einfach, nicht im Krieg aufzuwachsen.
Aber dank diesen neumodischen Strömungen wie Billigairlines, Sojayogurt, Möbel mit Namen, und den Flüchtlingen kommen wir uns alle trotzdem immer näher. Klar: Nicht alle erkennen in Kontakt mit Neuem Chancen; Gesellschafts-Twister ist einigen ein Dorn im Auge und wird lieber «Überfremdung!» geschimpft.
Aber so lange es sich dabei um tote Materie handelt, oder sich in die Ecke stellen lässt, passt das schon. Wir entspannen uns, essen Tofuwurst und lehnen uns in unserem Sessel «Sandbacka» zurück. Wer immer noch beunruhigt in die Zukunft blickt, sich aber nicht getraut, etwas zu sagen, kann sich gratis an jeder veganen Stammkneipe einen «Kann Spuren von Intoleranz enthalten» -Stempel abholen. Aber Vorsicht: Hier riechen auch westliche Populisten wie Trump ihre Chance; und greifen westliche Werte an, wie keine Terrormiliz es je könnte. Freiheit, Gleichheit und Toleranz sind Grundpfeiler der europäischen Kultur, die in der angespannten Flüchtlingssituation immer mehr ins Schwanken geraten. Zugegeben: Ich gerate auch ins Schwanken, wenn meine ausländischen (!) Nachbarn ihre Zigarettenkippe aus dem Fenster schnipsen und ich unten auf der Strasse zur Seite hüpfen muss – ist ja wie auf einem Minenfeld hier!
Falls Trump Präsident wird, will er Muslimen die Einreise in die USA verweigern. Eine Aussage, die in der Welt verschiedene Reaktionen nach sich zog. Ich zum Beispiel musste Bellen. Sprich; ich machte dieses Geräusch zwischen Lachen und Husten, das ich von mir gebe, wenn ich etwas anscheinend nicht verstehe oder mich verhört haben will. Trumps Gegner sprachen dementsprechend von Faschismus; seine Anhänger von einer brillanten Idee. Weiter sagt Trump, würde er alle syrischen Flüchtlinge in den USA in ihr Heimatland zurückschicken – sie könnten schliesslich getarnte Kämpfer des Islamischen Staats sein. Herr Ober? Ja, Entschuldigung, ich glaube in meinen Pommes tarnt sich eine andersfrittierte Kartoffel – kann ich den ganzen Teller zurückgeben? Also, nachdem ich die Hälfte angeleckt und die Finger im Ketchup getunkt habe?
Trump trifft mit seiner Haltung den Kern des konservativen Gedankenguts; in- und ausserhalb den USA. Die Aufnahme hunderttausender Menschen aus anderen Ländern werde zu Aufständen in Deutschland führen, meint Trump. «Wenn ihr nicht kompetent und hart handelt, dann bedeutet es das Ende für Europa», prophezeit er. Und seine Beweisführung gegen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel geht in etwa so: «Ich habe immer gedacht, dass Merkel diese große Führungsperson sei.» Was sie nun in Deutschland getan habe, sei verrückt.
Apropos verrückt:
«Wir wollen die Würde des Menschen, die Familie mit Kindern, unsere abendländische und christliche Kultur, die historisch‐kulturelle Identität unserer Nation und ein souveränes Deutschland als Nationalstaat des deutschen Volkes und ein friedliches Miteinander der Völker auf Dauer bewahren.»
Na, das klingt doch nach einer guten Alternative zu der Frau Merkel– dachte sich auch eine deutsche Partei und nahm es in ihr Grundsatzprogramm auf.
Pff…der Trick mit den Kriegern im Holzpferd ist doch uralt! Da fällt doch keine ganze Nation mehr drauf rein. Bitte nein.
Die Flüchtlingskrise ist Katalysator im Unmut der europäischen Bevölkerung. Kann ich verstehen. Ich werde auch unmutig, wenn mir nachts ein Flüchtling durch die halbe Altstadt folgt und ich ihn durch die Glastür grinsen sehe, nach dem ich sie hinter mir geschlossen habe. Als ich ihn fragend gestikulierend ansah, lachte er, zuckte mit den Schultern und ging von dannen. Ganz toll. Die Hoffnung, den Clash of Cultures gross auszuführen – und mich schaudert es an dieser Stelle – krallt sich somit am European Song Contest fest.
Obwohl Amerika und Europa nicht die gleichen Probleme zu bestreiten haben, fischen europäische Politiker, Menschen, die besser keinen Internetzugang hätten, und dieses dumpfe Geflüster, das irgendwo, aber bestimmt nicht zwischen unseren eigenen Ohren entsteht, in denselben Tümpeln wie Donald Trump: Im Verachten von Andersdenkenden und der Diskriminierung von Minderheiten. «Trumpismus» ist nur ein Symptom der eigentlichen Krankheit. Hinter «Make America Great Again» steckt Gedankengut, das, nachdem es sich an Xenophobie, Stammesverhalten und unseren persönlichen Ängsten gelabt hat, auch ausserhalb den USA seine volle Wirkung entfalten kann.
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