Maria Lust bereichert mit ihrem Werk «der schwarze Frauenarzt» Amazon um ein Genre, dass ich mir in meinen kühnsten Pornosuchanfragen nicht ergoogelt hätte: Rassismus beim Frauenarztbesuch. Klar, rassistische Pornos sind kein Geheimnis – aber, dass sie sich als Literatur und für 2.99 Euro verkaufen dürfen; das war mir neu. Die Protagonistin, nach eigenen Angaben hübsche, junge und wichtige Karrierefrau mit Freund und er, zu ihrem – nach eigenen Angaben – nicht rassistischen Entsetzen, dunkelhäutiger Frauenarzt. Jede, die mal beim Frauenarzt war, kann sich denken, was als nächstes passieren wird: eine Untersuchung. Aber jeder, der mal einen internationalen Porno gesehen hat, ahnt, was stattdessen passiert.
Als Doktor Alikiw Melanie in Empfang nimmt, wird zunächst das geklärt, was bei einem Frauenarztbesuch wichtig ist. Der Körper des Arzts. Lust beschreibt seine Statur als die «eines Mannes, welcher sich sein tägliches Brot auf dem Bauernhof mit harter Feldarbeit verdiente.» Die Rolle des Frauenarztes definiert sich rein durch sein Äusseres. Seine «Pranken», sein «Prügel», seine «fette goldige Rolex» sprechen nicht gerade die Bildsprache eines durchdachten Charakters, sondern die einer floskelhaften Diskriminierung. Trotzdem kann Melanie ab Kapitel drei der «schwarzen Mamba» des Doktors nicht mehr widerstehen. Und wird per Doggystyle in eine Dimension gefickt, wo «literarischer Erguss» höchstens ein ironisches Echo ist. Danach fühlt sie sich zwar «sexuell genötigt», «für seine Lust missbraucht», aber Schwamm drüber, «so guten Sex» hatte die emanzipierte Karrierefrau schon lange nicht mehr.
Doktor Alikiw nutzt seine Position aus und macht Melanie zu einer «deutschen Hure». Diese Story befriedigt alle, die sexueller Nötigung, Rassismus, Fremdgehen, seichter Pornofantasien und Grammatikfehlern etwas abgewinnen können. Mir ist klar, dass es sich nur um 19 Seiten handelt. Die auf Amazon publiziert wurden. Und knapp drei Euro kosten. Aber dieses Werk macht sich einen sexy Spass daraus, die Probleme unserer Zeit in einen Topf zu werfen und sie als Erotik zu verkaufen. Und solange solche Kunststücke auf Plattformen wie Amazon Platz haben, (Maria Lust bereichert Amazon mit mehreren Werken) werden Rassismus, sexuelle Nötigung und ausgenutzte Machtgefälle auch in der Gesellschaft Platz haben. Schliesslich ist die erotische Kakophonie im Internet nichts anderes als das Spiegelbild unserer Bedürfnisse im echten Leben.
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