Mark Zuckerberg und die Kammer des Schreckens

Dass Facebook Daten sammelt, das ist schon lange bekannt. Die Empörung die derzeit in Medien wie auch Sozialen Medien aufkommt, kann ich daher wenig nachvollziehen. Bereits vor einem halben Jahr, als der Artikel zu Cambridge Analytica erstmals in den geteilt wurde, war die Empörung gross. Konsequenzen aber hat niemand gezogen. Weder Nutzer noch Plattform. Alles likte, teilte und postete weiter wie bisher. Auch ich.

Den Facebook-Account löschen? Keine Option. Die eigenen Privatsphäre-Einstellungen kontrollieren? Das tue ich alle halbe Jahre wieder, nur um nach der Hälfte der Einstellungen den Mut zu verlieren und darauf zu hoffen, dass schon alles in Ordnung ist. Ganz sicher bin ich mir dabei nie, aber was soll’s. Wie soll ich – Normalsterbliche – auch Datenschutz, Privatsphäre und AGBs verstehen? Ausserdem habe ich ja irgendwo mal ein Häkchen gesetzt und damit mein Einverständnis gegeben.

Wozu? Wenn ich das nur wüsste.

Schon lange – mindestens, seit es Farb-Handys gibt – vertraue ich der Technologie mehr als den Menschen. Und ich bin damit nicht alleine. Das zeigt sich aktuell auch in meiner Timeline – auf Facebook – unter den Kommentaren zum Videoausschnitt der Befragung Zuckerbergs zum jüngsten Datenleck:  «Mark hat sich super gehalten», «Der Kongress fragt unfaire Fragen» und sowieso «Wieso wird eigentlich ein Unternehmer härter befragt als der Präsident der Vereinigten Staaten?»

Womit wir wieder beim Thema wären. Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzern wurden widerrechtlich von Cambridge Analytica verwendet, um den US-Wahlkampf zu beeinflussen. So der Vorwurf. Facebook hatte die Datensätze für Forschungszwecken freigegeben und dann nicht aufgepasst. Mark entschuldigt sich, gesteht Fehler ein, betont immer wieder seine und damit auch Facebooks selbstlose Absichten: Man wolle etwas zu Gesellschaft beitragen. Ein anderes Gerücht besagt, dass der Echsenmann durch die Daten mehr über das Menschsein erfahren will.

Wird eine Bank ausgeraubt, werden die Räuber angeklagt. Wird Facebook ausgeraubt gerät der CEO in mediale Geiselhaft vor den Kongress. Es kann so schön sein, ein Exempel zu statuieren. Das zeigt: Daten sind heute wertvoller als Geld. Und auch wenn es mir bei einigen Fragen der Kongress-Leute kalt den Rücken runter läuft: Auch ich bin der Meinung, dass Facebook eine Verantwortung gegenüber seinen Nutzern hat. Sei es um ihre Daten zu schützen aber auch um sie vor manipulativen Inhalten zu schützen.

Gleichzeitig sehe ich aber auch ein, wie unmöglich diese Aufgabe zu bewältigen ist. 20.000 Menschen kontrollieren die Werbeanzeigen auf Facebook – und das reicht noch bei langem nicht. Dazu kommt, dass hierzulande die Gesetzgebung zu langsam ist. Bis ein akzeptables Datenschutzgesetz in Kraft tritt, wurde auf dem Mars wohl schon das erste Kind geboren.

Auch wenn es zynisch klingt, wenn Mark Zuckerberg der «Community» die Verantwortung abschiebt: Die Zukunft von Facebook und ähnlichen Sozialen Netzwerken liegt in unserer Hand. Denn sie haben durchaus auch positive Seiten, erlauben es, dass sich gleichgesinnte Menschen treffen, Zensur umgangen werden kann oder ein Syrier die sicherste Route in die Türkei findet.

Empörung hilft hier niemandem weiter, sondern befeuert das Problem nur. Immerhin steht jeder einzelne der 87 Millionen Datensätze für eine einzelne Person. Stellt euch vor was wir gemeinsam erreichen könnten. Lasst uns uns weniger empören und mehr nach einer Lösung suchen.

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