Wenn nicht ich, wer dann?

Politik, das ist schon ‚was Schwieriges. Heutzutage sowieso. Emotionale Debatten, die ganze Dörfer spalten, Rück- und Fortschritte, die einem jedes Zeitgefühl nehmen und Themen, von denen man denkt, man müsse heute doch wirklich nicht mehr darüber diskutieren. Aber irgendwie tut man es dann eben doch.

 

Ein distinguiertes Daumenhoch, das kann man sich da ja gerade noch leisten. Denn ein Daumenhoch provoziert nicht. Von einem Daumenhoch wird man nicht übermannt, wie von all den Herzen und Smileys und Lächeln und all den Emotionen die sonst in den Sozialen Medien so überufernd präsent sind. Ein Daumenhoch, das heisst, ich interessiere mich, stimme vielleicht zu oder wollte meinem Umfeld einfach sagen, das ich diese Information für relevant erachte. Denn darum geht es im Endeffekt doch immer: um das, was mir wichtig ist.

Umso schrecklicher, wenn es dann mal nicht so ist. Ein Magazin, nur über Männer? Ein Politiker, der sich für Bauern einsetzt? Schwarze, die gegen Polizeigewalt demonstrieren? Eine Feministin, die sich die Beine nicht rasiert? Ein Veganer, der kein Wasser mehr trinkt? Ja haben die denn eine Ahnung, wie es mir geht? Welche Probleme ich habe? Kümmert euch zuerst mal um mich, das Volk! Voilà, l’état c’est moi!

Eigentlich ist es erstaunlich, wie sehr wir auf uns selbst fixiert sind und doch immer Angst haben, aus einem Thema ausgeschlossen zu werden. Die Frage: «Und was ist mit mir?» erzeugt schon seit Jahren einen Strudel aus politischer Korrektheit, der schliesslich in querschnittsgelähmten Worterfindungen mündet.

«Aber die Frage ist doch verständlich», werden jetzt einige unter euch erwidern. Jeder ist sich schliesslich selbst am nächsten. Das ist die Lebensweisheit schlechthin. Denn wer sich nicht zu erst um sich selbst kümmert, der wird ausgenutzt, ausgelaugt und was am aller schlimmsten ist: nicht glücklich. Denn wenn wir mal gross sind, wollen wir ja alle glücklich werden. Auch eines dieser popkulturellen Zitate, die wir irgendwo gehört haben und im geheimen Wunsch nach einer autoritären Erziehung fraglos angenommen haben.

Durch diese Einstellung ist es ein Leichtes, jede Verantwortung von sich zu weisen. Logisch möchte ein Unternehmer keinen Vaterschaftsurlaub anbieten, denn wer arbeitet dann für ihn? Logisch auch, dass er seinen weiblichen Angestellten nicht mehr Lohn bezahlen möchte, wenn er nicht muss und: Mehr Tiere auf engerem Raum, das ist nun mal effizient. Ich? Nein, ich stelle niemandem an, ich führe auch kein Unternehmen und sowieso: Meine Katze hat ein schönes Leben. Also mache ich doch alles richtig.

Dabei vergessen wir, dass keiner von uns alleine ist. Mit Ausnahme vielleicht von ein paar Japanern, die ihre Zimmer seit mehreren Jahren nicht mehr verlassen haben und von Onlinelieferdiensten leben, haben wir alle einen erweiterten Bekanntenkreis von,… sagen wir fünfzig Personen. Auf Facebook, Instagram und Twitter kommen dann noch ein paar Hundert dazu. Und wisst ihr was: Viele von ihnen werden von uns beeinflusst. Ob wir nun wollen oder nicht. Isst jemand kein Fleisch mehr, wir das zum Gesprächsthema. Setzt sich jemand für Flüchtlinge ein, möchte plötzlich ein anderer mithelfen. Und spricht jemand eine Ungerechtigkeit an, wird etwas dagegen getan. Wir könnten viel verändern, ohne auch nur ein Stückchen von unserem Ego einbüssen zu müssen.

Kriege ich dafür jetzt ein Daumenhoch?

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